Wer dem hektischen Treiben von Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires für einen Tag entfliehen möchte, bucht einen Tagesausflug mit der Fähre nach Colonia. Colonia del Sacramento ist die älteste Stadt Uruguays. Sie liegt an Uruguays südlicher Atlantikküste am Río de la Plata, direkt auf der gegenüberliegenden Seite von Buenos Aires. Mit der Fähre ist man in ca. einer Stunde dort. Das historische Viertel von Colonia del Sacramento, das Barrio Histórico, zählt seit 1995 zum UNESCO Weltkulturerbe. Die Altstadt ist wunderschön, mit holprigem Kopfsteinpflaster, alten Kolonialbauten, vielen Cafés, Restaurants, urigen Bars und Souvenirläden.
Gestern hatte ich mir noch online ein Ticket für die Fähre Colonia Express gekauft. Das Terminal ist nicht weit von San Telmo entfernt, ca. 30 Minuten zu Fuß. Jorge, der Besitzer des Airbnb hatte mir jedoch geraten, so früh morgens nicht in dieser Gegend zu Fuß unterwegs zu sein und mir stattdessen ein Taxi zu nehmen.
Der Taxifahrer hat während der 10-minütigen Fahrt ununterbrochen geredet, aber er war sehr nett. 🤣 Aufgrund der Immigration muss man sich fast zwei Stunden vor Abfahrt der Fähre bereits am Terminal einfinden. Zuerst bekommt man von der argentinischen Seite den Ausreisestempel und dann von der uruguayischen Seite die Erlaubnis zur Einreise. Das dauert seine Zeit. 🙈
Leider konnte ich aufgrund der Weihnachtstage nur ein Ticket für das Wochenende, den Samstag bekommen. Dementsprechend voll war die Fähre. Die 1-stündige Fahrt nach Colonia ist ziemlich unspektakulär Das Wasser des Río de la Plata ist durch einen hohen Anteil von lehmigen Schlamm trüb und auf Seiten von Buenos Aires zusätzlich ziemlich dreckig. Als Río de la Plata wird der gemeinsame 290 km lange und bis zu 220 km breite Mündungstrichter der großen südamerikanischen Ströme Paraná und Uruguay in den Atlantischen Ozean bezeichnet. Durch die sehr große Mündung des Río de la Plata könnte man durchaus den Eindruck bekommen, die beiden Städte liegen am Meer.
Colonia del Sacramento hat eine lange und kriegerische Kolonialgeschichte hinter sich. 1680 von Portugiesen gegründet, wurde die Stadt kurz danach von Spanien in Besitz genommen. Danach stritten sich spanische, portugiesische, englische, argentinische sowie uruguayische Nationalisten um die Vorherrschaft. 1828 wurde Colonia del Sacramento offiziell an den kurz zuvor unabhängig gewordenen Staat Uruguay übergeben.
Nach einer Stunde Fahrt sind wir in Colonia angekommen. Ich bin in Uruguay, wie cool ist das denn? 😎 Da die Stadt überschaubar ist, kann man praktisch alles zu Fuß erreichen. Vom Terminal der Fähre läuft man Richtung Barrio Histórico. Auf dem Weg habe ich erst einmal Geld getauscht und mir ein Café gesucht, in dem ich in Ruhe einen Kaffee getrunken und eine Kleinigkeit gegessen habe. Danach ging es auf Entdeckungstour in Colonia. Als erstes fallen die alten Autos auf, die man überall in den Straßen sieht. Manche werden von Hunden als Schlafplatz genutzt. 🤣Dann gibt es noch Elektro-Golf-Caddys, die man an jeder Ecke mieten kann. Toll, warum gibt’s die nicht überall? Sehr leise und umweltbewusst! Das historische Zentrum von Colonia ist wunderschön. Kopfsteingepflasterte Straßen, blumengeschmückte Häuser und eine entspannte Atmosphäre. Eine der schönsten Straßen mit den farbenprächtigsten Häusern ist die Calle de los Suspiros, die „Straße der Seufzer“.Hier findet man auch die Galeria de los Suspiros, ein Atelier mit wunderschönen Bildern und Kunsthandwerk.Das alte Haus an sich ist schon unglaublich schön, der romantische Hinterhof mit Blumen und einem Garten jedoch das i-Tüpfelchen. Colonia strahlt eine ganz besondere Gelassenheit aus. Nichts scheint die Leute hier aus der Ruhe bringen zu können. Keiner rennt, es gibt keine Hektik und keinen Stress. Die Leute haben alle ein Lächeln auf den Lippen. Uruguay ist „weed-friendly“. Es war das erste Land der Welt, das den Anbau, die Produktion und den Verkauf von Marihuana für den Freizeitkonsum legalisierte. In Colonia gibt es sogar einen Laden, der „alles“ verkauft. Bob lässt grüßen! 😎Nicht, dass das etwas mit der Entspanntheit der Menschen zu tun haben muss. 🤣
Als nächstes habe ich mir den Leuchtturm angeschaut. Er wurde 1857 oberhalb der Ruinen des Klosters San Francisco erbaut. Schon seit dem 19. Jahrhundert dient er Schiffen auf dem Río de la Plata als Navigationshilfe. Heute arbeitet der Faro solarbetrieben, auf die Verwendung von Kerosin, Gas und Strom wird verzichtet. Alle 9 Sekunden sendet er ein weißes Lichtsignal. Gegen eine geringe Gebühr kann man den Turm hinaufklettern, was jedoch recht beengt ist. Besonders große Menschen müssen sich durch die engen Stufen regelrecht durchwinden. 🤣 Aber es lohnt sich und man wird mit einem tollen Panoramablick über die Stadt und den Fluss belohnt.So ein Aufstieg macht Hunger, 🤣 daher habe ich ein schönes Restaurant gesucht und auch direkt gefunden. Als Snack vorab gab es kleine Spieße mit Käse, Tomaten und Oliven. Das Hauptgericht war ein Püreemix aus Kartoffeln und Süsskartoffeln mit Gemüse. Dazu ein Cerveza Artesanal, ein Volcanica aus Uruguay. Super lecker und entsprechend teuer. 🙈 Alles zusammen hat 25 Euro gekostet. Für das bisschen Gemüse und Püree definitiv zu viel. Die Preise in Colonia können mit Paragonien gut mithalten. Aber das Restaurant war richtig schön. Das Fleisch wurde hier über offenem Feuer gegrillt.
Nach dem Essen bin ich Richtung Hafen gelaufen und durch wundervolle kleine Gässchen. Der Río de la Plata sieht mit seiner braunen Brühe nicht besonders einladend aus. Aber auf uruguayischer Seite ist er nicht so dreckig wie im Nachbarland und hier nutzen die Leute die schönen Tage um zu schwimmen. Ich wäre da nicht mal bei 40 Grad reingehüpft. Wer weiß, mit was man da wieder herauskommt. 🙈🤣Nach meinem Besuch am Hafen hatte ich beschlossen mir ein Rad zu leihen, um den Küstenweg, der Rambla de las Américas, entlang zu fahren. Man kann den Weg auch laufen, aber man kommt nicht so weit und außerdem macht es mit dem Fahrrad mehr Spaß. Es war bestes Wetter an diesem Tag, heiss und strahlend blauer Himmel. Die Küstenpromenade ist total schön und über 4 km lang. Wenn man von dort auf den Río de la Plata (Silberfluss) schaut, könnte die Erklärung zur Namensgebung tatsächlich stimmen. An hellen Sonnentagen schimmert die Oberfläche des Wassers wie Silber.Das Rad war richtig cool. Es schien brandneu zu sein. Bremsen, Sattel, Schaltung war alles tadellos in Ordnung. Es hat super viel Spaß gemacht, auch wenn es echt heiß war. Aber wir wollen mal nicht meckern. 🤣 Es gab wunderschöne Plätze zum Ausruhen. Viele Leute kommen hier am Abend zusammen, um die spektakulären Sonnenuntergänge zu genießen. Nachdem ich das Fahrrad abgegeben hatte, wurde ich von Moskitos überfallen. 🙈 Innerhalb kürzester Zeit hatte ich massig Stiche an Armen und Beinen. Die Bedienung beim Radverleih hat mir netterweise Anti-Moskito-Mückenschutz gegeben. Es war völlig crazy und abartig, wo die plötzlich herkamen. Wie eine Invasion. 🙈 Das war es für mich dann auch mit Colonia. 🤪 Moskitos in dieser Anzahl? Das geht gar nicht. 🤣 Daher bin ich direkt zum Terminal gelaufen und habe mich die letzte halbe Stunde vor dem Check-In im sicheren, Moskito-befreiten Gebäude aufgehalten.
Colonia war ein toller, absolut lohnenswerter Tagesausflug. Um 22:00 Uhr sind wir wieder in Buenos Aires angekommen. Ein extrem langer Tag. Ich war hundemüde. Morgen ist Sonntag, da findet in San Telmo ein riesengroßer Markt statt, die Feria de San Telmo. Aber erst einmal wird ausgeschlafen. 😉