Eine der schönsten Tagestouren in der Cordillera Blanca führt im Nationalpark Huascarán zur Laguna 69 auf 4.600m. Insgesamt sind ca. 15km zurückzulegen, mit einem Aufstieg von 734hm. Es war die härteste Tour, die ich jemals gelaufen bin. So fertig wie gestern war ich noch nie. Superwoman lässt grüßen. 🤣
Die Tour startete morgens um 5.00 Uhr. Um diese Zeit sollte ich vom Hotel abgeholt werden. Ich hatte die Nacht super schlecht geschlafen, erst der Stromausfall, ich musste mit dem Packen des Rucksacks warten, bis wir wieder Licht hatten und danach gab es irgendein Feuerwerk in der Nähe des Hotels. Wahrscheinlich haben sie gefeiert, dass sie wieder Strom haben. 🤣 Die Party ging bis in die Nacht hinein. Um 4.30 Uhr bin ich aufgestanden, völlig fertig. Abgeholt haben sie mich um 5.30 Uhr, weil sie das Hotel nicht gefunden haben. Wir fuhren mit einem großen Bus (mit ca. 30 weiteren Hikern aus aller Herren Länder) zuerst über Caraz und Yungay Richtung Llanganuco. Nach 2 Stunden haben wir für Frühstück angehalten. Ich habe gegessen was ich konnte, es gab dann nur noch das, was man im Rucksack mit sich tragen konnte. Dazu habe ich einen Mate de Coca Tee getrunken, ein Tee aus Kokablättern, der sehr wirksam gegen die Höhenkrankheit sein soll. Ich habe seit Tagen Kopfschmerzen. Eigentlich sollte ich schon akklimatisiert sein, normalerweise reichen ein paar Tage aus.
Nach dem Frühstück ging es weiter mit dem Bus und über Schotterpisten, goodbye asphaltierte Straßen, zur Laguna Llanganuco. Bei der smaragdgrünen Lagune haben wir die zweite Pause eingelegt. Wow, was für eine Wahnsinns-Farbe dieser Gletschersee hat. Grandios! Und kalt war‘s in den frühen Morgenstunden. Aber ich habe ja meine dicke The North Face Jacke (wer weiß, was die Chinesen darin verarbeitet haben). 🤣Es gibt hier in der Gegend mehr als 400 Seen, einer schöner als der andere. Am Anfang wurden sie durchnummeriert und erhielten so ihre Namen. Viele bekamen im Laufe der Geschichte neue, der Name der Laguna 69 blieb.
Unsere Fahrt ging weiter über die Schotterpisten und über jedes Schlagloch, das der Busfahrer mitnehmen konnte, zum Eingang des Huascarán Nationalparks, wo wir 10 Soles Eintritt zahlen mussten. Danach fuhren wir nach Cebollapampa auf 3.850m, dem Startpunkt unseres Treks zur Laguna 69. Mittlerweile war es 9.30 Uhr. Wir waren mit der Frühstückspause schon 4 Stunden unterwegs.
Die Tour zur Laguna 69 läuft ein wenig anders ab, als anderen Tagestouren. Man hat keinen Führer, die gebuchte Tour umfasst eigentlich nur die Fahrt zum Startpunkt des Treks, die mit einem Taxi sehr viel mehr kosten würde. Man läuft danach den Trek eigenständig, der aber sehr gut ausgeschildert ist. Verlaufen kann man sich nicht und trifft unterwegs auch ständig Leute, mit denen man sich austauschen kann. Der Weg hin zur Laguna dauert ungefähr 3 Stunden, je nachdem, wie schnell man läuft, der Rückweg nur ca. 2 1/2, da es bergab geht und man nicht mehr auf dieser Höhe unterwegs ist. Beim Start war ich noch guten Mutes, der Anfang war leicht zu laufen. Der Weg ist extrem schön, ständig hat man Aussicht auf die vergletscherten Bergriesen Chacraraju und Pisco. Der Chacraraju ist einer der schönsten aber auch schwierigsten 6000er der Cordillera Blanca. Für diesen Berg sind in Huaraz keine Bergführer zu bekommen, weil er zu anspruchsvoll ist. Krass!Nach kurzen 30 Minuten fing die Qual an. Ab diesem Zeitpunkt ging es nur noch steil berghoch! Ich hatte 1 Liter Wasser dabei, mehr ging nicht, da ich keinen Platz mehr im Rucksack hatte. Das musste ich mir gut einteilen. Dazu noch ein paar Snickers, ein paar Kräcker, getrocknete Mangoscheiben und eine Banane vom Frühstück. Der Weg war brutal, teilweise super steinig und schwer zu laufen. Das krasseste aber war die Höhe. Ich hatte immer noch Kopfschmerzen und war teilweise echt am Ende meiner Kräfte. Besonders das letzte Stück hatte es in sich. Ich habe echt gedacht, ich packe es nicht. Der Trek wird als medium bis hart beschrieben, die witzigen schreiben auch moderat. 🤣 Die letzte halbe Stunde ist absolut zermürbend. Es geht im zickzack den Weg hoch. Ich hatte null Augen mehr für die schöne Natur, mir war echt elend zumute, konnte mich nur noch auf mich und meinen Körper konzentrieren und die letzten Superwoman-Powerkräfte aus mir herausholen. Alle haben gestöhnt, ein paar Amerikanerinnen haben sich bitter beschwert, dass sie nicht darauf hingewiesen wurden, wie schwer das ist. Das sie doch echt top in Form sind (den Irrglauben hatte ich auch), aber das der Trek mit keiner Wanderung zu vergleichen ist, die sie bisher in den Staaten unternommen hatten. Dazu kam, dass man ständig von Mücken umgeben war, einer Mischung aus Fliege und Bremse, keine Ahnung was das war. Aber sie haben sich dauernd auf meinen Kopf gesetzt (will nicht wissen, was sie da gemacht haben), auf das iPhone, wenn man Bilder gemacht hat, überall hin. O-Ton der Amerikanerinnen „These fucking flies“ 🤣
Während der letzten 10 Minuten habe ich extrem gekeucht, mich gefühlte 60 x auf einen Stein gesetzt und für einen kleinen Moment ausgeruht, weil es einfach nicht mehr ging.
Und dann, nach einigen Kurven mehr, sah ich die Lagune vor mir. Wahnsinn, all die Mühe hatte sich gelohnt. Was für eine unglaubliche Farbe, völlig verrückt.Wir konnten ca. 1 Stunde dort bleiben, dieses Naturwunder bestaunen, etwas essen und unsere Fotos machen.Danach ging es an den Abstieg auf dem gleichen Weg zurück. Ich hasse es, bergab zu laufen. Ständig hängen deine Fusszehen zusammengeknäult irgendwo in der Schuhspitze, die Wege sind absolute Bänderriss-Wege. Du musst höllisch aufpassen, wohin du trittst, damit du nicht umknickst. Würde noch fehlen. 🤣
Auf halber Strecke wollte ich ein Selfie machen und während ich das iPhone halte, setzt sich so ein Bremsen-Ungetüm auf meinen Auslöse-Finger und sticht mich. Ich hab mich so erschrocken, dass ich das iPhone in hohem Bogen durch die Luft geschleudert habe und es auf dem Weg gelandet ist – auf dem steinigen, wohlgemerkt. 🙈 Unfassbar, das gibt’s doch nicht. These fucking, fucking flies! Das iPhone ist aber – warum auch immer – nicht auf dem Display gelandet und alles war in Ordnung. Vielleicht wollte man mir nicht alles nehmen. 🙏Gegen 15 Uhr waren wir wieder am Ausgangspunkt. Ich habe die Tour zur Laguna in 3 Stunden gepackt und den Rückweg in 2 1/2 Stunden. Nicht schlecht für Ü-50. 🤣 Unterwegs bin ich mit einer Gruppe Spanier gelaufen, die mir noch einen Schoko-Riegel geschenkt haben. Wahrscheinlich habe ich ausgesehen, als ob ich einen bräuchte. 🤣 Als wir am Bus ankamen, wurden wir durchgezählt und fuhren los. Als wir bereits 10 Minuten unterwegs waren, ist aufgefallen, dass ein Amerikaner fehlt. „Peter, where is Peter“. Kein Peter, also wieder zurück. Wir haben über 30 Minuten gewartet, ich war so am Ende und wollte nur zurück zum Hotel. Wir sind dann gefahren, der Guide im Bus meinte nur über Peter, „Comida para el Cóndor“ – „Essen für den Kondor“. Haha – guter Humor. Sicher ist Peter schneller als alle anderen gewesen und mit einem anderen Bus zurückgefahren.
Wir waren gegen 19.30 Uhr zurück in Huaraz. Ich war am Ende, habe mich noch in mein Lieblingsrestaurant geschleppt, eine Pasta Pesto bestellt und bin dann mit dem Taxi zurück in‘s Hotel gefahren. Die Nacht habe ich super gut geschlafen und heute einen kompletten Chillo-Tag eingelegt. Gefrühstückt mit Obstsalat, Fußball geschaut (na das war ja ein glücklicher Sieg, die Peruaner hätten mindestens ein Unentschieden verdient gehabt) vegetarische Lasagne gegessen, durch die Straßen gebummelt, noch ein paar Einkäufe für morgen gemacht (ich habe tatsächlich eine Hose gefunden) und eine Soja-Latte im Café Andino getrunken.
Jetzt bin ich schon zurück im Hotel und werde alle Vorbereitungen für morgen treffen, den Rucksack packen und mich noch ausruhen. Um 4.50 Uhr werde ich zum Santa Cruz Trek abgeholt. Das wird ein weiteres krasses Abenteuer. So long und bis in 4 Tagen.
P.S.: Was macht eigentlich mein Rucksack? Da ich immer noch keine Antwort von LATAM bekommen habe, obwohl ich jeden Tag schreibe, habe ich heute dort angerufen. Español o Inglés? Hhmm, besser mal Ingles. Trugschluss, ich habe kaum etwas verstanden, die Verbindung war schlecht und es war super schwer zu verstehen, was sie von mir wollten und was jetzt Phase ist mit dem Rucksack. Fazit ist, sie machen einen Case auf (warum erst jetzt?) und setzen alles daran, den Rucksack zu finden. Aha! Da sind wir ja mal gespannt!