Punta Arenas, die Hauptstadt der Región de Magallanes y de la Antártica Chilena, liegt im äußersten Süden von Chile an der Magellanstrasse gegenüber der Feuerland Insel. Sie ist mit ca. 130.000 Einwohnern die größte Stadt im chilenischen Südpatagonien und die südlichste Großstadt der Welt. Aufgrund ihrer Lage ist sie Ausgangspunkt zu Expeditionen in die Antarktis (Entfernung ca. 1.400 Kilometer), auf die Falklandinseln und zur Isla Magdalena, auf der sich die größten Pinguinkolonien Südchiles befinden. Das Klima wird als gemäßigt beschrieben, die Sommer sind kühl und die Temperaturen klettern selten über 14 Grad. Punta Arenas gehört zu den 5 windigsten Städten der Welt.
Am Morgen habe ich die Gartenhütte in Coyhaique um 7:30 Uhr verlassen. Am Tag zuvor hatte ich meinen Bustransfer nach Balmaceda organisiert. Ein Minibus sollte mich um 7:30 Uhr abholen. Die Verspätungen in Chile sind nicht ganz so extrem wie in Peru oder Bolivien, man wartet in der Regel nur 5-20 Minuten. 😆 Wir sind um 8:30 Uhr am Flughafen in Balmaceda angekommen. Ich hatte diesmal meinen Flug mit JetSmart gebucht, einer Billig-Airline in Chile. Das Ticket über LATAM hätte das Vierfache gekostet. Auf dem kleinen Flughafen in Balmaceda ging es ziemlich chaotisch zu. Es wurde gerade umgebaut und überall hingen Kabel herunter. Dazu waren Unmengen von Touristen und Einheimische unterwegs, die anscheinend alle nach Punta Arenas wollten. 🤣 Die Schlangen vor den Schaltern waren endlos und es gab keinerlei Organisation. Trotz dieser chaotischen Zustände beim Check-In habe ich meinen Flug noch pünktlich erreicht. Es scheint alles irgendwie zu funktionieren, da machen wir Deutschen uns immer so einen Kopf. 🤣 Trotz Billig-Airline war das Flugzeug von JetSmart gar nicht mal so übel. Da könnte sich Ryanair eine Scheibe abschneiden mit ihren Schrott Plastik-Sitzen in Barbie-Puppen Größe. 🤣 In Punta Arenas sind wir pünktlich um 12:00 Uhr gelandet. Am Flughafen habe ich mir einen Mini-Bus geschnappt, der nur die Hälfte eines Taxis kostet. Er hat mich direkt vor die Haustür von Pamela gebracht, bei der ich ein Zimmer über Airbnb gebucht hatte. Ich habe geklingelt, aber es hat sich keiner gerührt. 🙈 Da stand ich nun mit meinem fetten Rucksack auf dem Rücken, dem kleinen in der Hand, der Mini-Bus war weg und weit und breit kein Mensch zu sehen. 🤪 Sagenhaft! Ich habe nochmal geklingelt und gewartet, nichts. Nach 10 Minuten habe ich mich auf den Weg gemacht, um ein Café oder Restaurant mit einer Wifi Verbindung zu finden. Nichts! Das Haus von Pamela befindet sich in einem Wohngebiet und es gibt dort nichts anderes als Wohnhäuser. 🤣 Meine Stimmung war nicht mehr die beste, denn ich hatte Hunger und musste dringend auf die Toilette. 🤣 Dann habe ich ein Obst- und Gemüsegeschäft entdeckt und mich dort nach einem Café oder Restaurant in der Nähe erkundigt. Das nächste wäre ca. 15 Minuten entfernt. Ich glaube es hackt! 🙈 Ich habe ihm erklärt, dass ich für einen kurzen Moment eine Internet Verbindung benötige und er hat mir über sein Handy eine Connection zur Verfügung gestellt. Wow, super nett! Ich habe Pamela angeschrieben, die Zuhause war. 🤔 Sie dachte, ich komme erst um 12:00 Uhr in der Nacht an. Dieser Shit mit AM und PM. Da ich es bei 12:00 Uhr selbst immer verwechsle, hatte ich vorher im Internet nachgeschaut und ihr die richtige Zeit mit 12 pm mitgeteilt. Wir haben ein paar mal geschrieben und dann bin ich wieder los marschiert. Die Beschreibung war nicht wirklich besser, denn ich bin wieder beim selben Haus gelandet wie zuvor. Unter der Hausnummer gab es nur eine Klingel und da antwortete niemand. Ich habe die Krise bekommen. 🤪 Ich bin hin- und hergelaufen und plötzlich hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Es war Pamela, die nach mir gesucht hatte. Das Haus von ihr befindet sich hinter dem Haus mit der Hausnummer, vor dem ich schon zwei Mal stand und geklingelt hatte. Um dorthin zu gelangen, muss man durch ein Tor auf der linken Seite laufen und einen Hof durchqueren, in dem ihr großer Hund saß. Eine Klingel für ihr Haus gibt es nicht. Sehr witzig. 🤣 Nun ja, ich würde sagen, etwas suboptimal beschrieben. 🤣 Nachdem ich kurz mit ihr gesprochen hatte, meine Sachen verstaut hatte und endlich auf die Toilette konnte, bin ich los marschiert Richtung Stadtmitte. Ich hatte mega großen Hunger. Ich hatte nichts gefrühstückt, nur einen Müsliriegel gegessen und der Hunger war so groß, dass es mir fast egal war, was ich esse. Ich habe sogar darüber nachgedacht, misshandelte Hühner von KFC zu essen, wenn denn tatsächlich eine KFC Filiale auftauchen sollte. 🤣
Ich bin 25 Minuten bis zur Stadtmitte gelaufen. Es war kalt und von dem Wind will ich gar nicht reden. Abartig! Als ich eine Pizzeria entdeckt hatte, bin ich hineingestürzt und habe mir eine vegetarische Pizza bestellt. Es war eine der besten, die ich jemals gegessen habe. Vielleicht lag das aber auch nur an dem krassen Hunger. 😉In dem Restaurant war eine Affenhitze, die Heizung lief auf Hochtouren. Im chilenischen Patagonien gibt es tatsächlich Heizungen in den Wohnungen. Man könnte es dort ansonsten nicht aushalten, denn im Winter wird es bis zu -10 Grad kalt. Aber in den Häusern scheinen sie es ein wenig zu übertreiben mit den Temperaturen. Das Haus von Pamela war auch total überheizt. 🙈
Nach dem Essen habe ich mir Punta Arenas angeschaut. Das Laufen in der Stadt gestaltete sich jedoch sehr schwierig. Der Wind war super extrem. Die Haare flogen nur so durch die Gegend. Wenn ich hier wohnen würde, hätte ich entweder keine Haare mehr (Hare-Krishna-Like), einen Buzz Cut oder ich würde den ganzen Tag eine Mütze tragen. 🤣 Die Windgeschwindigkeit betrug knapp 60 km/h mit Windböen von über 100 km/h. Die Einwohner haben sich daran gewöhnt, ein Taxifahrer war mit T-Shirt unterwegs. 🤣 Wir Menschen sind komisch, oder? 🤣
Von der Stadt selbst war ich nicht so angetan. Sie wirkte trostlos auf mich. Außerhalb des Zentrums gab es nicht wirklich viel zu sehen. Nur rund um die Plaza de Armas verspürte man ein wenig Leben und die Aura einer glorreichen Vergangenheit. Hier finden sich die Paläste und prächtigen Wohnbauten der Schafsbarone, die davon zeugen, dass die Stadt einst eine der wohlhabendsten Handelsstädte der Welt war.
Mein erster Anlaufpunkt war der Cementerio, den viele als den schönsten Friedhof Südamerikas bezeichnen. Er zählt zu den 12 Nationaldenkmälern Chiles und ist das Wahrzeichen der Stadt.Der Cementerio ist riesig, fast schon ein Park, mit Alleen aus großen Zypressen, die fein säuberlich zu Kegeln geschnitten sind.Dazwischen befinden sich geschmückte Grabnischen, riesige Mausoleen aus weißem Marmor und das Grabmal des unbekannten Indianerjungen. Der Friedhof erzählt seine eigenen Geschichten und man könnte dort ewig herumlaufen. Man findet unzählige Grabmäler verschiedenster Nationen, viele mit englischen, deutschen und kroatischen Namen. Der Friedhof ist eng mit der Geschichte von Patagonien verknüpft und dem Imperium der Familien Braun und Menéndez. Das imposanteste Mausoleum ist das von Jose Menéndez, dem einst mächtigsten Mann in Patagonien.Als die chilenische Regierung 1876 die Erlaubnis zur Schafzucht erteilte, ließen sich viele Auswanderer aus Europa in der Stadt nieder. Unter anderem der Asturier Jose Menéndez, der sich schnell zum wichtigsten Wollhändler und Großgrundbesitzer entwickelte. Ein weiterer Magnat und Großgrundbesitzer war der Jude Moritz Braun. Beide Familien verbündeten sich, als Braun die Tochter von Menéndez heiratete. Durch die Verflechtung der beiden Häuser entstand ein gigantisches Geschäfts-Imperium, das Schafzucht, Schifffahrt, Holzwirtschaft, Handel und weitere Geschäftszweige umfasste. Sie importierten teure Möbel aus Europa, Marmor aus Italien und Zuchthengste aus Neuseeland. Ihr Palast wurde zum Treffpunkt der High Society von Punta Arenas. Die Familie hat prächtig gelebt in dieser Zeit. Ihre Ländereien umfassten 3 Millionen Hektar. Das ist der größte zusammenhängende Grundbesitz den es in Chile je gab. Man fragt sich wirklich, wie eine einzige Familie zu so viel Reichtum und Grundbesitz kommt. Die Millionen Hektar von Land, die die Braun-Menéndez Familie besaß, haben sie sich durch die brutale Ausrottung der Ureinwohner Patagoniens angeeignet. Bereicherung auf Kosten anderer. Mit unserer Welt stimmt irgendetwas nicht. Und es ist heute ja nicht anders. Die reichsten 10 % Prozent besitzen 88 % des Weltvermögens. Pervers! Wie sie zu ihrem Besitz gekommen sind, will man wahrscheinlich gar nicht wissen.
Eine der besonderen „Attraktionen“ des Cementerios ist das Grabmal des unbekannten Indianerjungen, El Indiecito Desconocido. Der Indianer wurde 1929 auf einer Insel neben einem anderen Chilenen tot aufgefunden und auf dem Friedhof von Punta Arenas zur Ruhe gebracht. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gab es Gerüchte über seine Wunderkräfte und die Menschen legten Geld und Dankesbriefe an seinem Grab nieder. Das Geld wurde eingesammelt und 1969 errichtete man davon die Bronzefigur zusammen mit drei Mauern, die das Grab umgeben. Heute sind die Mauern voll mit Hunderten kleiner Tafeln mit Danksagungen. Der Ort hatte eine besondere Ausstrahlung, etwas mystisches, man kann es nicht erklären. Aber es scheint, dass jeder davon in den Bann gezogen wird. Alle die kommen, berühren die abgewetzte linke Hand oder den linken Fuß des Indianderjungen. Auch ich habe meine Hand auf seine gelegt und meine Wünsche im Geiste aufgesagt. Wenn sie tatsächlich in Erfüllung gehen sollten, dann komme ich zurück und bedanke mich persönlich bei dem Indiecito. Versprochen! 🙏
Vom Friedhof aus bin ich zu einem Aussichtspunkt gelaufen, der einen schönen Blick über die ganze Stadt bietet. Hier habe ich ein nettes chilenisches Ehepaar kennengelernt, die aus Santiago kamen. Wir haben über unsere Frisuren gelacht und über den Wind, der auf dem Mirador ganz besonders heftig geweht hat. Dies war das einzige Foto, das in einem kleinen windstillen Moment aufgenommen wurde. Alle anderen, und es waren eine ganze Menge, habe ich gelöscht. 🤣 Ich habe es auch mittlerweile aufgegeben, auf abgeschnittene Füsse zu achten. Der Himmel ist ja auch viel schöner. 🤣Danach war ich an der Plaza de Armas und bin durch die Straßen geschlendert. Deutsche Einflüsse sind auch hier unübersehbar. Der alte Hansel. 🤣Am Abend habe ich mir mit Pamela einen Dokumentarfilm angeschaut, „Calafate, Zoológico Humanos“. Es war sehr interessant, wenn ich auch nicht alles komplett verstanden habe. Die Dokumentation zeigt, wie gegen Ende des 19. Jahrhunderts Europäer, unter anderem Carl Hagenbeck, der deutsche Zoodirektor, Indianer aus Patagonien gefangen genommen und nach Europa verschleppt haben, um sie als Wilde in einem Menschenzoo auszustellen. Und die Leute haben damals für das „Spektakel“ Eintritt bezahlt. Schrecklich, oder? Was für eine krasse Welt.
Pamela ist sehr nett und extrem hilfsbereit. Sie hat mich gleich gefragt, was ich am nächsten Tag unternehmen möchte und mir bei der Buchung der Tour zur Isla Magdalena geholfen. Sie lebt, seitdem sie sich von ihrem Mann getrennt hat, alleine in dem Haus, dass sie von den Eltern geerbt hat. Vor zwei Jahren wurde bei ihr Krebs diagnostiziert und sie musste eine Chemotherapie durchlaufen. Ihr Haus war sehr schön, wenn auch viel zu warm. 🤣Mein Zimmer war klein, aber absolut ausreichend, mit einem super bequemen Bett.Nur die Lage war nicht ganz so optimal. Um zu frühstücken, musste ich eine knappe halbe Stunde laufen. 🙈
Morgen früh geht es zu den Pinguinen auf die Isla Magdalena. Ich hoffe, dass es am frühen Morgen nicht allzu windig ist, da ansonsten die Boote nicht auslaufen.