Die nördliche Yungas Straße in Bolivien, auch Camino de la Muerte genannt, die Death Road, wurde in den 1930er von Kriegsgefangenen in den Fels gehauen. Sie verbindet La Paz mit der Stadt Coroico. Die Straße hat bis heute kaum Leitplanken und ist so schmal, dass für den Gegenverkehr kaum Platz ist. Fast täglich stürzten hier Autos und Busse den Abhang hinunter. Viele Unfallopfer wurden nie gefunden und liegen im unzugänglichen Dschungel von Yungas. Auch der schlimmste Verkehrsunfall Boliviens passierte hier. 1983 stürzte ein Bus die Schlucht hinunter und riss 100 Menschen in den Tod. 2006 wurde aus diesen Gründen eine neue und sichere Straße gebaut. Heute wird die alte Straße nur noch von wenigen Autos genutzt. Dafür haben Mountainbiker den Camino für sich entdeckt. Eine Abfahrt auf der Death Road gilt als absoluter Adrenalin-Kick.
Ich hatte die Tour mit Gravity Bolivia gebucht, dem besten, wenn auch teuersten Tour Operator. Sie bieten seit über 10 Jahren Mountainbike Touren an und haben mid- to high-end Bikes, die nach jeder Tour überprüft werden. Zusätzlich haben sie die Guides mit der größten Erfahrung.
Wir trafen uns um 7.30 Uhr im Higher Ground Café. Mit dabei waren zufälligerweise die beiden Australier und der Engländer von der gestrigen City Tour. Dazu noch zwei Holländer, eine Deutsche, eine Dänin und ein amerikanisches Paar. Ein bunt gewürfelter Haufen. Linda, unser Guide, ist Holländerin, die es nach Jahren in Thailand mittlerweile nach La Paz verschlagen hat. Ich war etwas früher dort, um noch einen Kaffee zu trinken und ein Porridge zu essen.
Um 7.30 Uhr starteten wir mit dem Bus nach La Cumbre, unserem Startpunkt auf 4.700 m Höhe. Die Fahrt dauerte ungefähr 45 Minuten. Im Bus hatten wir bereits unsere Ausrüstung erhalten. Einen Helm, ein Halstuch für den Staub, Handschuhe, eine Jacke, eine Hose und einen kleinen Wasserbehälter mit Karabinerhaken. Da es mit dem Bike auch durch kleine Flüsse geht, es regnen kann und die Wege dann ziemlich matschig werden, war die Ausrüstung absolut notwendig. In La Cumbre sind wir ausgestiegen und haben die ganze Kluft angelegt. Ziemlich cool sahen wir aus. 🤣Danach haben wir unsere Bikes erhalten. Sie sind absolut hochwertig, kommen aus England und kosten jeweils um die 3.500 $. Wir haben den Sattel und die Bremsen eingestellt und die notwendigen letzten Instruktionen erhalten. Das Wichtigste was uns Linda mitgegeben hatte war, unser eigenes Tempo zu gehen und genügend Abstand auf den Vordermann einzuhalten. Wenn dieser stürzt und man zu nah dran ist, dann kann man nicht mehr rechtzeitig bremsen und ist Toast. Dann fliegt man im hohen Bogen drüber und gesellt sich zu den verrosteten Bussen und Autos 100 Meter unter einem auf dem Grund. Keine besonders schöne Aussicht.Linda startete ganz vorne, dann kamen wir und hinter uns fuhr Christian, der zweite Guide. Ganz am Ende kam unser Bus, der unsere Rucksäcke transportierte, Ersatzteile und Ersatzbikes. Die erste Strecke der Tour führt über die neue Straße und über Asphalt. Da es nur bergab geht, bekommt man ein irres Tempo drauf. Es war kalt, windig und neblig. Wir waren schließlich auf 4.700 m Höhe. Meine Augen haben dermaßen getränt, dass ich fast nichts mehr sehen konnte. 🤣 Ich habe ständig gebremst, sonst wäre ich sicherlich abgehoben. 🤣 Landschaftlich sah das dort oben phantastisch aus.Aber die Konzentration lag eher auf der Straße. Da sie noch befahren war, musste man höllisch auf Autos und Busse aufpassen.
Nach ein paar Kilometern stießen wir auf einen Tunnel. Dieser darf von den Bikern nicht durchfahren werden. Wir mussten rechts auf eine Schotterpiste ausweichen. Und wenn ich Schotterpiste sage, meine ich Riesen-Schotter. 🤣 Das waren krasse Steine und es war super schwer, da drüber zu fahren, bergab versteht sich. Hier beginnt dann auch die eigentliche Death Road und das war ein Vorgeschmack darauf.Nach dem schrecklichen Unfall 1983 wurde auf der Straße der Linksverkehr eingeführt. So hat man den Abgrund besser im Blick und die Fahrzeuge, die bergauf fahren, können bei Ausweichmanövern auf der dem Berg zugewandten und damit besser befestigten Seite fahren.
Das war schon mal eine Umstellung und links mit dem Rad am Abgrund entlang zu fahren kostet schon Überwindung. 🤣Die Strecke ist ungefähr 63 km lang und geht nur abwärts. Der Startpunkt La Cumbre liegt auf 4.700 m Höhe. Das Ziel der Tour, Yolosa, liegt auf 1.200 m Höhe. Man überwindet über 3.000 Höhenmeter, total crazy. Auf dem Schotter und den Steinen zu fahren ist nicht einfach. Man muss immer die Vorder- und Hinterradbremse gleichzeitig betätigen und nicht zu abrupt bremsen, sonst haut‘s einen über den Lenker. Ich bin zweimal fast gestürzt, weil ich zu krass gebremst habe und mir das Rad hinten weggerutscht ist. Puuuuh! Überall auf der Strecke säumen Kreuze den Weg, die anzeigen, an welchen Stellen jemand umgekommen ist. Ziemlich beängstigend. 😱Wir haben sehr oft Pausen gemacht. Einmal schon der tollen Landschaft wegen und natürlich auch um lustige Fotos zu machen. Es gab auch Snacks und Getränke zwischendurch und wir konnten mal für eine kurze Zeit unsere Arme und Hände ausruhen. Das Rad richtig festzuhalten, wenn es über Steine und Schotter geht, ist super anstrengend. Wir waren, glaube ich, alle ziemlich angespannt und verkrampft. 🤣Je weiter talwärts wir kamen, umso wärmer wurde es. Es war schon fast tropisch warm und mit unseren doppelten Jacken und Hosen auf dem Rad war das echt heiß. Einige haben das ganze Zeugs bei einer Pause im Bus gelassen. Da wir aber noch durch Flüsse und Pfützen mussten, habe ich lieber geschwitzt, als den ganzen Dreck abzubekommen. Nach 3/4 der Strecke hat mein Bike plötzlich gestreikt, ich hatte einen Platten am Hinterrad. Christian, der ganz hinten fuhr, hat es sofort bemerkt und mit Willy, dem Fahrer unseres Busses, den Schlauch innerhalb von 5 Minuten getauscht. Ich war wieder einsatzbereit. Als wir am Cerro Rojo ankamen, einem Tourist Check Point, schlug das Wetter plötzlich um. Wir hatten den ganzen Tag extrem viel Glück gehabt, mit Sonne und blauem Himmel. Aber jetzt sah das weniger gut aus. Der Himmel hatte sich komplett zugezogen und es fing bereits an zu donnern. Wir mussten uns beeilen.Nachdem wir an unserem Ziel, der Eco-lodge Senda Verde angekommen waren, fing es an zu regnen. Wir haben es gerade noch so einigermaßen trocken in das Naturschutzgebiet geschafft. El Senda Verde ist total interessant. Es ist eine NGO, die sich um verletzte und misshandelte Tiere kümmert und diese in ihrem riesigen Gehege aufnimmt. Es gibt dort Affen, Schildkröten, Vögel, Tapire und Bären. Man hätte dort eine Führung mitmachen können, nur leider hat es dermaßen geregnet, dass das Ganze nicht viel Spaß gemacht hätte.Wir haben dort gegessen und konnten uns duschen und umziehen. Alle waren ziemlich müde und kaputt. Um 16.30 Uhr sind wir in den Bus gestiegen und haben die Rückfahrt nach La Paz angetreten. Diese hat über 3 Stunden gedauert, da wir uns bei der 63 km langen Abfahrt in die andere Richtung bewegt hatten. Wir sind erst gegen 20:00 Uhr angekommen, total fertig.
Die Tour war super genial und hat extrem viel Spass gemacht. Man braucht keine großen Erfahrungen auf dem Mountainbike, höchstens vielleicht ein bisschen Mut. 😊 Für jeden, der mal in der Nähe von La Paz ist, ein absolutes Muss. Downhill Madness par Excellence. 😎