Last days in Buenos Aires

Die Weihnachtsfeiertage standen an und für mich die letzten Tage in der riesigen Stadt Buenos Aires. Heute war Markttag in San Telmo. Ansonsten hatte ich noch das Teatro Colón, das größte Theater und Opernhaus von Buenos Aires und die Viertel Puerto Madero und La Boca auf dem Programm. La Boca hatte ich bislang gemieden, da die Sicherheit dort fragwürdig ist. Alleine sollte man das Viertel auf keinen Fall besuchen. Entweder läuft man mit einer geführten Tour oder benutzt den Hop-On Hop-Off Bus. La Boca ist das bekannteste Viertel in Buenos Aires, die Geburtsstätte des Tango. 

Nachdem ich ausgeschlafen hatte, bin ich zu meinem Lieblingsbäcker gelaufen. Im Viertel San Telmo gibt es eine riesige Jugendstil Markthalle, den Mercado San Telmo, mit vielen frischen Produkten, Essensständen und Frühstücksgelegenheiten. Dort gibt es auch einen phantastischen Bäcker, der frisches Brot, Baguette und Croissants anbietet, die fast so gut schmecken wie bei uns. 😉 Dort habe ich morgens immer gesessen, meinen Kaffee getrunken, ein Croissant gegessen und die Tageszeitung gelesen.Buenos Aires - Frühstück Heute ist der 23.12., ein Tag vor Weihnachten und ich las gerade, ob es ethisch ist, bei Amazon einzukaufen. Puh! Erwischt würde ich sagen. Heute wird meist ohne nachzudenken geklickt, der Kopf ist ausgeschaltet, wie ferngesteuert. Amazon ist einfach, „günstig“, schnell und bequem und darum bestellen wir wahrscheinlich alle bei dem mächtigsten Onlinehändler, der immer wieder in Kritik gerät. Seien es die Steuern, die Arbeitsbedingungen, die Allmacht, es gibt genügend Punkte. Aber warum stört uns das nicht? Hhmm? 🤔 Es stört uns vielleicht schon, aber wir wollen trotzdem nicht auf Bequemlichkeit und Komfort verzichten. Amazon erleichtert uns, was uns lästig ist. Aber trotzdem könnten wir, wenn wir wöllten. Wir haben es in der Hand, die Welt ein wenig besser zu machen. Der Kassenbon ist unser Stimmzettel. Sollten wir in Zukunft weiter bei Amazon bestellen? Das sollten wir uns vielleicht alle mal fragen!

Heute war Markttag in San Telmo. Jeden Sonntag findet in dem Stadtteil mit der Feria de San Telmo einer der schönsten Märkte der Welt statt. Nachdem ich geduscht hatte, habe ich mich gleich in das Getümmel gestürzt, denn der Markt fand quasi direkt vor meiner Tür statt. Sehr cool!

Der Markt ist riesig groß und erstreckt sich über mehrere Straßen. Um ihn komplett abzulaufen, benötigt man sicher einen ganzen Tag.Buenos Aires - Feria de San TelmoBuenos Aires - Feria de San TelmoDie Atmosphäre ist unvergleichlich. Es werden bemalte Schilder angeboten, Schmuck, Kleidung, Töpferware, Matebecher, bis hin zu Möbeln. Buenos Aires - Feria de San TelmoUnter all den angebotenen Waren und Kunsthandwerk befindet sich wenig Ramsch oder Touristen-Schrott. Ein phantastisch schöner Markt! Ich war total begeistert. Für mich der Schönste, den ich je gesehen habe.
Es gab auch viele Essensstände mit Kleinigkeiten zum Probieren. Die nette Frau hat mich gleich eingeladen. Wahrscheinlich zu Pferdewurst. 🤣 Sehr nett, aber nein Danke! Vegetarisch? Fehlanzeige. 🤣Buenos Aires - Feria de San TelmoGesungen wurde auch und auf der Plaza Dorrego natürlich auch Tango getanzt. Buenos Aires - Feria de San TelmoBuenos Aires - Plaza Dorrego - TangoAm Nachmittag bin ich Richtung Stadtmitte gelaufen. Die Busfahrerei hatte ich mittlerweile aufgegeben. Nachdem ich vor ein paar Tagen an einer Haltestelle mehr als eine Stunde mit einem jungen Argentinier gewartet hatte, der mir immer wieder versicherte, dass das nicht normal wäre, hatte ich die Faxen dick. 🤣

Über die Plaza de Mayo und den Obelisk, ein 67 m hohes Denkmal auf der Plaza de la República, bin ich Richtung Teatro de Colón gelaufen.Buenos Aires - ObeliskDie Schlangen vor dem Theater waren elendig lange. Viele Argentinier aber auch genauso viele Touristen wollten ein Ticket kaufen. Wieder einmal anstehen und warten.

Das Theater hat 2500 Sitz- und 1000 Stehplätze. Die Akustik ist einzigartig. Die sei so „schrecklich perfekt“, dass niemand jemals falsch singen dürfe, soll Luciano Pavarotti einmal gestöhnt haben. Denn auch die allerwinzigsten Misstöne sind hier zu hören.Buenos Aires - Teatro Colón Alles, aber auch wirklich alles im Theater, von den Kostümen bis zum Bühnenbild wird im Theater handgefertigt. Das gesamte Interieur ist aufwändig dekoriert, mit schweren Samtvorhängen, Goldstuck und üppig verzierten Lampen und Leuchter. Buenos Aires - Teatro Colón Selbst der Fußboden im Eingangsbereich und im ersten Stock der „heiligen Hallen“ ist unglaublich. Jeder einzelne Stein wurde von Hand gesetzt. Und der Bereich war riesig – unfassbar! Meine vergammelten Turnschuhe passen da nicht so wirklich in das Bild. 🤣Buenos Aires - Teatro Colón Fußboden Vom Theater bin ich über die Plaza de Mayo zurückgelaufen. Dort befindet sich auf dem Boden überall das Kopftuchsymbol der Madres de Plaza de Mayo. Die Madres de Plaza de Mayo ist eine Organisation argentinischer Frauen, deren Kinder unter der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 unter ungeklärten Umständen spurlos verschwanden (Desaparecidos). Sie ist einer der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen Argentiniens.Buenos Aires - Madres de Plaza de MayoJeden Donnerstag seit 1977 umrunden sie für eine halbe Stunde stumm den Platz vor dem Präsidentenpalast. Während der Militärdiktatur forderten sie die Freilassung von Verhafteten oder Informationen über deren Verbleib. Buenos Aires - Plaza de MayoDanach setzten sie sich für eine strafrechtliche Aufarbeitung der in der Diktatur begangenen Menschenrechtsverletzungen ein und engagierten sich zudem für ein Gedenken an die Opfer. Das aus Trauer und Protest getragene weiße Kopftuch der Madres wurde zum bekannten Symbol ihres Widerstands und Kampfes für Gerechtigkeit. Die Mütter gehören zu den wenigen Menschen in Argentinien, die öffentlich protestierten. Sie gerieten dadurch selbst in Gefahr. So verschwand ihre erste Vorsitzende, Azucena Villaflor, ebenfalls spurlos. Krasse Geschichte und tolle mutige Mütter!

Weihnachten – Heilig Abend! Mit einer riesengroßen Verspätung wünsche ich allen ein fröhliches Weihnachtsfest. 🤣 🎄 Kann man das überhaupt nachträglich wünschen? 🤣 So hatte ich mir das mit dem Blog natürlich nicht vorgestellt. Leider hinke ich aufgrund schlechter oder überhaupt keiner Internet Verbindung ziemlich hinterher! Ich hatte mich immer bemüht aufzuholen, aber das hat leider nicht geklappt.
Ich habe heute, da es über 30 Grad heiß war, die Chance genutzt und den Tag am Pool von Silvia verbracht. Sie wohnt in der Gegend des Obelisken, super zentral. Als ich dort ankam, musste ich mich beim Pförtner melden. Sie hatte mich angekündigt und ich kam ohne Probleme in das Haus. Wie die meisten Wohnhäuser in Buenos Aires war auch das Gebäude ein Hochhaus.Buenos Aires - PoolSilvia wohnt im 5. Stock, der Pool befindet sich im 1. Geschoss und ist ein Gemeinschaftspool für alle Mieter bzw. Besitzer. Ich dachte, ich wäre am Heilig Abend gänzlich alleine mit meinen 2 Dosen Bier, aber es waren noch 3 weitere Leute am Pool. Eine junge Frau, die sich gesonnt hat (frage mich nur wieso, sie war nahtlos braun) 🤔 und eine Mutter mit Kind. Der Pool war richtig cool, nicht besonders groß, dafür eine extrem tolle Abkühlung!

Silvia hatte mir am Morgen eine Sprachnachricht geschickt. Die Suche nach meinem Rucksack kann ich gänzlich aufgeben. Ich hatte ja die leise Hoffnung auf dem Rückweg nach Deutschland kurz in Lima vorbeizuschauen. Sicher haben die auf dem Flughafen auch eine Aufbewahrung für Koffer ohne Besitzer, wie bei uns. Haha! Selten so gelacht. Silvia bzw. der Polizist, mit dem sie gesprochen hatte, meinte, dass das Gepäck schon nach kurzer Zeit nach Chile geht und dort verschenkt wird. Warum Chile? Keinen blassen Schimmer. Ich bin sicher, mein Rucksack hat Chile nie gesehen, der wurde in Peru schon abgegriffen. So ein Shit! Da war mein Lieblings-Hoody drin! Was für ein Ärger! Aber nützt ja nix! Loslassen – und nicht an Dingen hängen und festhalten. Vor allem nicht an Hoodys. 🤣

Apropos Loslassen! 🙈 Habe ich schon erwähnt, dass meine Holzbrille kaputt ist. Durch die krassen Wetterbedingungen in Patagonien, mit viel Regen, ist das Holz gerissen und das Glas herausgefallen. Gut, dass ich noch meine unverwüstliche Titan Brille habe. Ohne Sehhilfe wäre ich gänzlich aufgeschmissen. 🙈

Die City an Heilig Abend war komplett tot. Nichts, aber auch gar nichts hatte geöffnet, außer ein paar asiatische Mini-Läden, die wahrscheinlich rund um die Uhr geöffnet haben und niemals schließen. Dort habe ich mich mit Ekel-Food wie Chips eingedeckt, damit ich wenigstens etwas zu essen am Heiligen Abend hatte.

Auch am 26.12. sah das Bild in der Stadt nicht anders aus. Gähnende Leere und Ruhe, kaum ein Restaurant, ein Café oder eine Bar hatte geöffnet. Trotzdem lief ich mal Richtung Puerto Madero los, dem ehemaligen Hafengebiet, das restauriert wurde und heute riesige Wolkenkratzer beherbergt und eine gehobene Gastronomie, von der ich natürlich nichts gesehen habe. 🤣Buenos Aires - Puerto MaderoVon San Telmo kann man fast direkt am Ufer entlang bis nach Puerto Madero am Río de la Plata entlanglaufen. Aber einladend ist das nicht besonders. Zwielichtige Gestalten, grenzwertige Gerüche nach Urin und Fäkalien und überall Dreck. Der Fluss selbst scheint eine Müllhalde für die Bewohner zu sein. 🙈Buenos Aires - Müll im Río de la Plata Alle Straßen in Puerto Madero sind nach Frauen benannt. Die bekannteste und auffälligste Verbindung zwischen der Seeseite und der Innenstadt ist die „Puente de la Mujer“, die Frauenbrücke, ein beliebtes Fotomotiv. Buenos Aires - Puente de la MujerNeben der Brücke liegt die Fregatte A.R.A. Presidente Sarmiento vor Anker. Das ehemalige Segelschulschiff der argentinischen Marine liegt heute als Museumsschiff im Hafen.Buenos Aires - A.R.A. Presidente SarmientoEin Restaurant zu finden, das geöffnet hatte, war so gut wie unmöglich. Das einzige, das ich finden konnte, war ein Fast-Food Laden mit ekelhafter Pizza und Burgern. 🙈

Heute ist mein letzter Tag in Buenos Aires, der Mega-City und heute geht es in das gefährlichste Viertel, La Boca. Bekannt für den Caminito, eine enge Gasse mit bunt gestrichenen Wellblechhäusern, La Bombonera, das Heimatstadion der Boca Juniors und als Wiege des Tangos. Laufen kam nicht in Frage, so dass ich notgedrungen den Bus nehmen musste, was aber diesmal außerordentlich gut geklappt hat. Um 11 Uhr sollte die Free Walking Tour durch La Boca starten. Da ich etwas zu früh war, hatte ich schon die Gelegenheit, mir den Caminito anzuschauen und ein paar Fotos zu machen. Buenos Aires - La BocaDas malerische Viertel liegt an der Mündung des Riachuelo-Flusses in den Río de la Plata. Der Riachuelo ist einer der dreckigsten Flüsse der Welt, eine öffentliche Kloake, wie WWF den Fluss einst betitelte. Das Wasser dort steht und stinkt, es ist braun und grün und schäumt und schimmert. Halbe Mülldeponien schwimmen darin und Exkremente. Sogar tote Tiere schwimmen manchmal vorbei. In der Brühe versammeln sich Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Chrom und Kadmium, alle weit jenseits der zulässigen Höchstgrenzen. Das Gift stammt aus den Abflussrohren von Hunderten Industriebetrieben. Und aus der vielfach ungeklärten Kanalisation von mehr als fünf Millionen Menschen, von denen viele in sogenannten Villas Miseria leben, den Armensiedlungen. Hautausschläge, Husten und Bronchitis sind bei den Menschen die hier leben an der Tagesordnung. Eine Reinigung des Riachuelo wird Jahre dauern und Milliarden kosten, wenn sie dann mal wirklich angegangen wird. Buenos Aires - La BocaDie wichtigsten Personen in Argentinien sind der Papst, Maradona und Messi, die Reihenfolge muss so nicht stimmen. 🤣 Überall auf den Straßen und den Souvenirläden findet man die Gesichter wieder. Buenos Aires - La BocaDer Caminito ist wunderschön. Die Häuser wurden aus dem Blech abgewrackter Schiffe gebaut und mit Schiffslack bunt bemalt. Viele der farbigen Häuser wurden durch Betonbauten ersetzt und Ende der 50er-Jahre sah das einst prächtige Viertel heruntergekommen aus. Buenos Aires - La BocaBuenos Aires - La BocaDies gefiel dem Künstler Benito Quinquela Martín überhaupt nicht. Er war in La Boca aufgewachsen und wollte dem Viertel seinen Glanz zurückgeben. So kreierte er mit viel Freude und Farbe die etwa 100 m lange Fussgängerzone El Caminito.Buenos Aires - La BocaHeute ist die Zone rund um den Caminito total touristisch, ein Restaurant neben dem anderen und jede Menge Souvenirläden. Buenos Aires - La BocaIm Viertel La Boca befindet sich auch das legendäre Stadion „La Bombonera“ (Pralinenschachtel) der Boca Juniors. Der Name kommt von der rechteckigen Form des Stadions. Da für den Bau nur sehr wenig Platz vorhanden war, gibt es entlang einer Geraden des Stadions eine kleine Tribüne und darüber liegende Balkone.Buenos Aires - La BomboneraDer grösste Sohn des Clubs ist Diego Maradona. Ihm wurde ein ganzer Saal im Vereinsmuseum gewidmet. Die komplette Umgebung des Stadions ist in blau-gelb gehalten.Buenos Aires - La BocaBuenos Aires ist fussballverrückt. Bocas größter Rivale ist River Plate. Die Spiele zwischen den beiden Vereinen werden Superclásicos genannt und versetzen das ganze Land in den Ausnahmezustand.

Ein Besuch in La Boca darf natürlich nicht ohne einen Tango Tanz enden. In Badelatschen und Hippie-Batik-Shirt macht sich das ganz besonders gut. 🙈 🤣Buenos Aires - Tango in La BocaLa Boca war ein spannendes Viertel, wenn auch nicht ungefährlich. Wenn man sich außerhalb der Touristenmeile bewegt, kann es schon zu unangenehmen Begegnungen kommen. Ich habe das zum Glück nicht erlebt.

Am Abend habe ich mich von Jorge verabschiedet, morgen in der Frühe geht mein Flieger nach Iguazú. Jorge hat mir noch ein Plakat mit einer lieben Botschaft mitgegeben, als Erinnerung an Buenos Aires. Durch seine selbst bemalte Eingangstür bin ich immer gerne gelaufen. 😊Buenos Aires - San Telmo AirbnbSan Telmo war mein Lieblingsviertel. Das restliche Buenos Aires hat mich nicht umgehauen. Aber man muss ja auch nicht alles toll finden. 😎✌️