Heute durfte ich den ganzen Tag nichts essen, kein Frühstück, kein Mittagessen. Am Nachmittag habe ich an einer Ayahuasca Zeremonie mitten im Regenwald bei einem Schamanen teilgenommen. Die heilige Pflanze soll ein Schlüssel zu den Tiefen der Seele sein.
Wir sind um 16.30 Uhr aufgebrochen. Der Schamane wohnt etwas außerhalb der Achuar Community, er hat jede Menge Tiere, Hunde, Hühner, mehrere Frauen (die Achuar leben polygam) und zig Kinder.
Als wir ankamen, regnete es. Zuerst mussten wir das Boot ausladen und konnten uns danach auf ein paar Bänke unter einem Riesen Palmendachhaus setzen, mitten auf der roten Erde. Das Haus wird von Holzpfählen gestützt, ist zwar überdacht, ansonsten aber komplett offen. Omar und Diego haben mein Zelt aufgebaut und danach haben wir auf den Schamanen gewartet. Ich habe nur einen weiteren Indio gesehen, dafür mehrere Achuar Frauen und viele Kinder. Die Frauen haben uns Chicha angeboten, ich durfte allerdings aufgrund der Zeremonie nichts trinken. Chicha besteht aus gekochten und zerstampften Maniokwurzeln, auf denen die Frauen der Dörfer eine Zeit lang herum kauen und dann wieder ausspucken. Die Mixtur wird mit Wasser vermischt und einige Tage stehen lassen. In dieser Zeit gärt sie und der dabei entstehende Alkohol macht aus dem Chicha ein bierähnliches Getränk, das man auch “Spuckbier” nennt. Ich war ganz froh, dass ich es nicht trinken musste. 😂
Als der Schamane kam, musste ich mich vorstellen, wer ich bin, was ich so mache. Dann durfte ich Fragen stellen. Ich wollte wissen, ob die Achuar auch seelische Probleme haben, die er behandelt. Er meinte, dass die Achuar nicht so viel nachdenken über solche Dinge. Sie leben ihr Leben in der Familie, sie streiten nie, sie sind füreinander da und schauen, dass sie ihre Rollen gut erfüllen. Er gab mir den Rat, dass genauso zu machen, mich nicht ständig mit Problemen zu befassen, ihnen nicht so viel Raum zu geben, nicht über alles ständig nachzudenken und die Dinge so sein zu lassen wie sie sind! Kein schlechter Ratschlag. 🙏
Danach haben wir noch eine Zeit lang in Ruhe dort gesessen. Der Schamane hat Vorbereitungen getroffen und zunächst selbst eine Schüssel des Ayahuascas getrunken. Dann sollte ich zu ihm kommen, mittlerweile war es fast dunkel. Omar hatte mich vorgewarnt, ich sollte versuchen, das Getränk sehr schnell herunter zu kippen, was ich auch gemacht habe. Das Zeug war eklig, super bitter, ganz krasser Geschmack. Der Schamane hat mir einen Kanister mit Wasser hingehalten, aus dem er vorher bereits getrunken hatte. 😁 Damit konnte ich meinen Mund ausspülen.
Dann haben wir gewartet bis die Wirkung einsetzt. Am Anfang habe ich noch gedacht, dass wirkt bei mir nicht, haha, aber nach ca. 15 – 20 Minuten hat es angefangen, Dizzyness, Kribbeln in den Armen, überall. Dann musste ich mich vor ihn setzen und er hat angefangen, die Geister zu beschwören, hat gepfiffen, mehrere, verschiedene Melodien und die ganze Zeit mit den Palmsträuchern vor meinem Gesicht herumgewedelt. Das hat ungefähr 5 – 10 Minuten gedauert. Als er fertig war, konnte ich schon nicht mehr richtig laufen, ich war benommen, unfähig, einen richtigen Schritt zu machen, alles hat sich gedreht. Ich bin dann mit Hilfe von Omar in mein Zelt gekrabbelt, habe mich hingelegt und dann fing der ganze Spuk erst richtig an. Es war ganz komisch, es kam wie in Schüben. Es hat angefangen, dass ich Gesichter in meiner Jacke gesehen habe, die neben mir lag, dann hörte ich Musik, ganz furchtbare, nervige und laute Musik in meinem Kopf, gepaart von zuckenden und flackernden Lichtern aller Farben, wie in einer Disco. Dazu habe ich sofort einen Brechreiz gehabt und habe mich in den nächsten Stunden mehr als 10 x übergeben. Da ich kaum etwas gegessen hatte, kam da nur Flüssigkeit heraus. Ich war unfähig aufzustehen, ich habe meinen Kopf nur aus dem Zelt gesteckt und es einfach laufen lassen und gebetet, dass kein Durchfall dazu kommt, ich hätte es nicht nach draußen geschafft. Mein Körper war nach kurzer Zeit schweißgebadet. Ich hab mich hundeelend gefühlt und wollte kontrollieren, was ich sehe und was da mit mir abgeht. Eigentlich wollte ich nur Frieden und Ruhe haben, aber das war nicht möglich. Omar hatte mir den Rat gegeben, zuzulassen, was da kommt, nicht versuchen wollen, es zu kontrollieren. Aber leicht gesagt bei einem Kontrollfreak. 😂Ich habe versucht, es einfach kommen zu lassen, was mir aber nicht sehr gut gelungen ist. Es kamen dann Bilder zu der Musik und den flackernden Lichtern. Ich habe ständig Fußball gesehen, das WM-Finale, Götzes Siegtor, crazy, was? Dann kam der Schnell-Vorlauf wie bei einer DVD, ich habe Fetzen von Bildern gesehen, aus der Kindheit, aber alles war so schnell, dass ich kein eines Bild richtig erkennen konnte. Dann stand ich plötzlich auf einem Hügel, war ein Adler und konnte fliegen. Aber all diese Bilder waren nicht schön, weil sie von ununterbrochenem Kotzen und der Musik und den Lichtern begleitet wurden. Ich wollte eigentlich nur dass es aufhört, ufff, wie elend mir war. 😂
Irgendwann dann nach Stunden, hat es sich dann langsam beruhigt, ich habe gefühlt, wie nach und nach wieder Leben in meinen Körper kam. Ich hatte nur eine dünne Yogamatte unter mir und lag quasi direkt auf der Erde. Nachdem alles vorbei war, habe ich natürlich angefangen zu frieren. Mit den Decken, die dort lagen, habe ich mich dann so gut es geht warm gehalten. Geschlafen habe ich höchstens ein paar Minuten, das war extrem aufwühlend und ein super krasses Erlebnis.
Am nächsten Morgen bin ich aufgestanden und hatte zuerst das Bedürfnis, mir die Zähne zu putzen. Danach war es Zeit, den Schamanen zu meinem Erlebnissen zu befragen. Er hat mir noch einmal erklärt, dass ich das Geschehene nicht als etwas Schlechtes ansehen soll sondern als Medizin, die mir geholfen hat. Sie hat alles Schlechte aus mir herausgeholt in Form des Erbrochenen. All die schlechte Energie die in mir war, habe ich herausgeschwitzt. Es wäre normal, dass man erst einmal Angst bekommt aufgrund der neuen Erfahrung und durch diese Angst, kommen die Visionen nicht richtig durch, sondern nehmen die Form von flackernden Lichter an und schnell durchlaufenden Bildern. Ich sollte aber wissen, dass ich eine Reinigung durchlaufen habe, auch wenn ich das anders erlebt hätte.
Für mich war ganz klar zu erkennen, wie sehr ich mich dagegen gewehrt habe, die Kontrolle zu verlieren, irgendwie zu versuchen, zu steuern, was mir da passiert. Aber das war unmöglich. Ich habe zwar immer wieder versucht mich einzulassen, aber der Kopf, der blöde Kontrollfreak kam immer wieder durch.
Wooow, naja, jetzt habe ich Hausaufgaben nach meinem LSD-Trip! Darüber werde ich noch eine ganze Weile nachdenken müssen, das wird mich beschäftigen. Gerade jetzt ordne ich es erst einmal in die Kategorie “Gesammelte Erfahrungen” ein.
Ich ruhe mich jetzt erst mal aus, lege mich in die Hängematte und verarbeite das ganze im Schlaf und in meinen Träumen. Good Night!