Die Isla Grande de Chiloé ist eine chilenische Insel und nach Feuerland die zweitgrößte Insel des Landes. Die Hauptinsel des Chiloé-Archipels gehört zur Región Los Lagos und ist etwa 180 km lang und 50 km breit. Das Archipel umfasst eine Vielzahl von weiteren Inseln, die über Fährverbindungen zu erreichen sind. Bekannt ist die Insel für ihre sanfte grüne Hügellandschaft, ihr raues Klima, den Palafitos (auf Stelzen über dem Wasser gebaute Häuser) und ihre bunten Holzkirchen. Von den über 150 Gotteshäusern wurden 16 Kirchen in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Chiloé steckt voller Mythen und Legenden, einzigartiger Folklore und kulinarischen Traditionen. Die Insel und ihre Bevölkerung hat sich gegenüber dem Rest Chiles ihren eigenen kulturellen Charakter erhalten. 2007 erreichte Chiloé bei einem Ranking von 111 Inselparadiesen, das von dem amerikanische Magazin „National Geographic Traveller“ durchgeführt wurde, den dritten Platz. Ein ganz besonderer Flecken Erde.
Als ich am Morgen um 8:00 Uhr in Puerto Montt losfuhr, hat es in Strömen geschüttet. Und es sah nicht unbedingt nach einer Wetterbesserung aus. Bestes Wetter für meine Fahrt auf die Insel Chiloé. 🤣 Die Strecke ist nicht besonders lang. Man fährt von Puerto Montt ca. 60 Kilometer nach Pargua und muss dann mit einer Fähre, die ca. 25 Minuten unterwegs ist, nach Chacao übersetzen. Dann befindet man sich schon auf Chiloé. Auf der Fähre bin ich für einen Toilettengang kurz ausgestiegen und konnte bei dieser Gelegenheit mein neues Regencape testen. Das Teil kann man in der Pfeife rauchen. 😂 Bei Wind absolut ungeeignet. Es ist mir dauernd um die Ohren geflogen. 🤣Die größte Stadt von Chiloé ist Castro. Sie befindet sich ungefähr in der Mitte der Insel. Ein strategisch perfekter Ort zur Übernachtung. Ich hatte für 3 Nächte ein Zimmer über Airbnb gebucht, das direkt im Zentrum lag. Das Zimmer war super, extrem sauber, alles neu eingerichtet, das Bett war mega bequem und man konnte sogar sein iPhone laden, während man auf der Toilette saß. Also ich würde mal sagen, an alles gedacht. Sagenhaft! 🤣Der Weg nach Castro führt über die Panamericana, vorbei an Ancud, einer größeren Stadt im Norden von Chiloé. Von dort sind es noch ungefähr 80 Kilometer bis Castro. Als ich dort ankam, hat es immer noch geregnet. Ich habe daher längere Zeit in einem Café verbracht und dann nach einem Restaurant gesucht, das etwas anderes außer Fisch und Fleisch auf der Karte hat. Da ich kein eines entdecken konnte, habe ich einfach das nächstbeste aufgesucht. Dort habe ich auf der Karte tatsächlich Beilagen gefunden und bestellt. Einen pikanten Kartoffelbrei und gebratenes Gemüse. Ein Festessen! 😊Die Insel gilt übrigens neben Peru als eine der möglichen Urheimaten der Kartoffel. Noch heute werden dort zweihundert Kartoffelsorten angebaut. Am Nachmittag war ich im leichten Nieselregen spazieren und habe mir Castro angeschaut. Überall begegnet man freundlichen und offenen Menschen. Es gibt niemanden, der gestresst wirkt. Das Leben verläuft hier ruhig, langsam und ohne Zeitdruck. Das merkt man auch in den Restaurants. Man sitzt an einem Tisch und wartet. Und wartet. 🤣 Irgendwann kommt dann mal jemand. Man denkt zuerst, sie wollen einen nicht bedienen. Aber weit gefehlt, sie nehmen sich einfach nur alle Zeit der Welt. 🤣
Am nächsten Morgen gab es einen kompletten Wetterumschwung. Es war sonnig und daher wollte ich mich früh auf den Weg machen. Um 8:30 Uhr lief ich durch die Straßen auf der Suche nach Kaffee und Frühstück. Fehlanzeige! Kein Café hat um diese Uhrzeit geöffnet. Die meisten öffnen erst gegen 10:00 Uhr oder 11:00 Uhr! Unfassbar! 🤣 Aber ich habe einen Kaffee bekommen, vom „La Cafeta“, einem rollenden Straßencafé. 🤣 Wenigstens ein früher Vogel. 🤣 Der Kaffee war hervorragend. Gegessen habe ich ein ekelhaft süßes Stückchen vom Supermarkt. Auf meinem Weg durch die Straßen von Castro habe ich die erste Holzkirche entdeckt. Sie sind schon wirklich schön, also von Außen. 🤣 Es gibt auf Chiloé tatsächlich eine Route, die zu allen 16 Kirchen des UNESCO Weltkulturerbes führt. Man kann es auch übertreiben, oder? 🤣
Castro ist berühmt für seine Palafitos, den auf Stelzen gebauten Häusern. Die Pfahlbauten mit ihren unterschiedlichen Farben sind wunderschön anzuschauen und haben ihr eigenes Flair. Manche sind modernisiert, andere wiederum sind in ziemlich schlechten Zustand und schon halb verfallen.Es gibt Restaurants und Cafés in Palafitos, in denen in den Abendstunden eine ganz besonders schöne Stimmung herrscht. Das Palafito Patagonia war mein Lieblingscafé. Hier gab es nicht nur einen sehr leckeren Karottenkuchen, sondern auch eine sensationell schöne Aussicht auf der Terrasse am Abend. 😎Chiloé ist mit einer beeindruckenden Natur gesegnet. Es gibt extrem grüne Hügellandschaften, Wälder, Seen, kleine Lagunen, Dünenlandschaften und Moore. Es gibt sehr wenige Sonnentage, die Insel steht unter ständigem Einfluss des rauen pazifischen Ozeans und es kann dort sehr windig, nass und ungemütlich werden. Das hatte ich am ersten Tag schon zu Genüge mitbekommen. 😉
Von Castro fuhr ich zuerst nach Quemchi, einer kleinen Gemeinde, ca. 65 km in nördlicher Richtung. Auch hier steht eine der wunderschönen, bunten Holzkirchen.Danach wollte ich mir die Wasserfälle von Tocoihue anschauen, die ich aber nicht finden konnte. Ich hatte ein Schild entdeckt, aber dort war ein Hinweis angebracht, dass die Straße nicht passierbar wäre. Nach 10 Minuten erfolgloser Suche bin ich weiter gefahren. Es geht auch ohne Wasserfälle. 🤣 Die Fahrt ging weiter nach Dalcahue, einem kleinen beschaulichen Örtchen mit einem winzigen Hafen und einem Kunsthandwerksmarkt. Hier findet man neben Holzschnitzereien jede Menge selbstgestrickte Pullover, Socken, Mützen, etc. aus Schafswolle. Kratzig wie Hund, aber hält sicher warm. 🤪In Dalcahue habe ich zwei nette ältere chilenische Frauen kennengelernt und ein Ehepaar aus Köln. Die beiden Deutschen sind mir an dem Tag noch ein paar mal begegnet. In den kleinen Dörfern gibt es kaum Restaurants. Vegetarisches Essen zu finden war hier unmöglich. Es gab hier und da mal einen kleinen Laden mit Empanadas, aber nur gefüllt mit Fisch und Fleisch. Ich hatte Müsliriegel dabei, aber irgendwann kann man die nicht mehr sehen. Dann muss ein warmes Essen her.
In Dalcahue bin ich mit der Fähre auf die Insel Quinchao übergesetzt. Dort steht in dem kleinen Ort Achao die älteste Kirche Chiloés. Als wir am anderen Ufer ankamen, wollte ich von der Fähre fahren, aber das Auto ist nicht angesprungen. 🙈 OMG! Mitten auf der Fähre. Unbelievable! Und nun? Nachdem ich den netten Arbeitern auf der Fähre erklärt hatte, dass das Auto ein Batterieproblem hat, haben sie mir geholfen es anzuschieben und zu starten. Das hat zum Glück geklappt. 🤪 Dadurch ist jedoch der Fährenzeitplan etwas durcheinander geraten. Es gab eine lange Schlange von Autos, die auf die andere Seite wollten. Gestört hat das aber keinen, ich hatte es ja schon bemerkt, die Zeit läuft hier langsamer. 😎
Nachdem ich mir die Insel und die alte Kirche angeschaut hatte, ging es mit der Fähre über Dalcahue zurück nach Castro. Ich hatte keinen Nerv mehr ein Restaurant zu suchen und habe wieder das gleiche gegessen wie am Tag zuvor. Es war ja lecker und mit großem Hunger nochmal so gut!
Die meisten Siedlungen befinden sich auf der von Buchten und Fjorden zerfransten Ostküste. Der Nationalpark Chiloés mit seiner weitgehend unberührten Wildnis befindet sich an der pazifischen Westküste. In der Nähe des Nationalparks befindet sich der Dock der Seelen oder Muelle de las Almas. Es ist eine Art hölzerne Brücke oder Rampe, die direkt auf einer Klippe Richtung Ozean führt und von dem chilenischen Künstler Chomono geschaffen wurde. Nachdem ich ein Bild davon gesehen hatte, war mir klar, dass dies einer der Orte war, den ich auf jeden Fall besuchen musste. Die Brücke liegt im Parque Tepuhueico, der sich im Privatbesitz befindet. Die Fahrt dorthin war absolut abenteuerlich. 🙈 Von Castro fährt man ca. 45 Minuten, bis man Rahue erreicht. Von dort führt eine holprige Schotterpiste zu einer Art Wohnhaus. Hier zahlt man den Eintritt und muss danach noch weitere 3 Kilometer bis zum eigentlichen Parkplatz fahren. Der Weg ist kaum beschildert und absolut schwer zu fahren. Für einen normalen 2WD Mietwagen kaum zu bewältigen. Ich bin extrem langsam gefahren, es gab riesige Steine und Schlaglöcher und ich war echt froh, dass ich und der Wagen unbeschadet am Parkplatz ankamen. Von dort führt ein Wanderweg 2 Kilometer bis zur Muelle de las Almas. Anfangs läuft man über schlammige Pfade, bis man ein Waldgebiet erreicht.Nachdem man den Wald verlassen hat, läuft man auf einem wunderschönen Weg, der eine atemberaubende Sicht auf das Meer bietet. Die höchste Klippe, die sich dort befindet, wurde durch das schwere Erdbeben von 1960 auseinander gerissen. Muelle de las Almas ist unfassbar schön. Wenn man dort ankommt, verschlägt es einem erst einmal die Sprache. Man hat das Gefühl, die von dem Künstler geschaffene Holzrampe führt ins Nichts in den Pazifik hinaus. Der Ort hat etwas besonderes, mystisches und geheimnisvolles. Kein Wunder, dass sich hierüber alte Legenden ranken.Die Mapuches, die Ureinwohner Chiles, glauben, dass die Seele von Verstorbenen nach Muelle de las Almas reist, um dort den Tempilcahue, den Fährmann, zu treffen. Er soll sie für ihr nächstes Leben ins Meer bringen. Für die Passage müssen sie jedoch einen kleinen türkisfarbenen Stein als Gebühr an den Tempilcahue zahlen. Diejenigen, die nicht zahlen können, müssen für immer an den Klippen verbleiben und finden niemals Frieden. Man sagt, dass man in Muelle de las Almas die traurigen Stimmen der leidenden Seelen hören kann, die sich mit dem Klang der Wellen und des Windes vermischen. Es gibt zahlreicher solcher Mythen und Legenden auf der Insel. Die Rampe wurde übrigens von dem Künstler erschaffen, um den Seelen die Abreise zu erleichtern. 🙏
Was für ein unglaublich schöner Ort, leider mittlerweile sehr touristisch. Es gibt Busse, die von Castro bis zum Parkplatz fahren. Die überholen auf den Schotterpisten mit einem Affenzahn und lassen einen in einer Drecks- und Staubwolke zurück. Unfassbar! 🙈 In der Hochsaison kommen an die 700 Besucher pro Tag. Für ein Foto steht man dann ca. 1 Stunde an. Ich habe 5 Minuten gewartet. 😎
Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen von Castro. Aber ich hatte noch einen kompletten Tag, den ich in Ancud verbringen wollte, der Stadt im Norden, bevor es am Nachmittag zurück nach Puerto Montt ging.
Ich habe während meiner Touren durch die Insel ständig Leute im Auto mitgenommen, die per Anhalter unterwegs waren. Einmal zwei junge Frauen aus Santiago, dann ein älteres Ehepaar, Chiloten, die einen Spaziergang gemacht hatten und zurück nach Castro wollten und in Ancud Evalina und Benjamin. Evalina kommt aus Finnland, ist 29 Jahre alt und reist seit zwei Jahren ohne jegliches Geld durch die Welt. Sie ist in Alaska gestartet und reist bis in die Antarktis. Benjamin ist Chilene. Sie haben sich in Santiago getroffen und sind jetzt zusammen unterwegs, nachdem Benjamin seinen Job gekündigt hatte. Die beiden waren großartig. Sie hatten einen unglaublichen Spirit. Sie wollten zu den Islotes de Puñihuil, um eine Tour zu den Pinguinen zu unternehmen. Da es auch mein Ziel war, habe ich die beiden mitgenommen. Im Endeffekt haben wir einen ganzen Tag zusammen verbracht und hatten mega viel Spaß. Für die Tour zu den Pinguinen habe ich über 10 Euro bezahlt, die beiden sind umsonst mit gefahren. 🤣 Sie sprechen die Touranbieter und Agenturen an, erzählen von ihrer Art zu reisen, dass sie ohne Geld unterwegs sind, bieten an, Fotos zu machen und gute Bewertungen zu schreiben. Und das klappt! 😊 Unterwegs sind sie nur per Anhalter und finden beim Couchsurfing eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit. Grandios! Die Pinguine haben wir nur von weitem gesehen, es waren auch nur sehr wenige, aber der Ausflug war toll. Es ist der einzige Ort auf der Welt, an dem man Humboldt Pinguine und Magellan Pinguine zusammen sehen kann.
Auf der Rückfahrt vom Ausgangspunkt der Tour haben wir an verschiedenen Aussichtspunkten angehalten. Die beiden praktizieren Acroyoga und haben ständig Übungen gemacht, selbst mit einheimischen älteren Frauen. Sie hatte sichtlich Spaß. 🤣Die pazifische Westküste von Chiloé ist traumhaft schön. Sie hat mir wesentlich besser gefallen als die besiedelten Inseln der Fjordlandschaft. Die Landschaft dort ist absolut unberührt, das Meer rau. Um an den Strand zu kommen, mussten wir mit einem Seil einen Abhang hinunter klettern. Das hätte ich alleine wahrscheinlich nie gemacht. 🤣 Wir haben Fotos gemacht und sind am Strand spazieren gegangen. Bevor wir den Berg wieder hoch geklettert sind, haben wir noch einen Steinturm zur Erinnerung gebaut.Eva hatte durch einen Einheimischen den Tipp bekommen, zum wilden Meer zu fahren, dem mar brava. Hierhin verirrt sich kaum ein Mensch, wir waren die einzigen am Strand. Und es war sensationell. Das Meer ist extrem wild und aufbrausend mit riesigen Wellen. Der Strand besteht aus winzig kleinen Steinen und in der Nähe befindet sich der Piedra del Run, eine Felsformation, um die sich auch eine Legende rankt. Im Innern des riesigen Steins sollen sich Schätze befinden, an die aber seit Jahrhunderten keiner herankommt, aufgrund des wild tosenden Meeres. Am Strand haben wir uns die Zeit mit Acroyoga vertrieben. Ich habe es mit Benjamin ausprobiert und es war ziemlich cool. 😎Danach, es war schon später Nachmittag, sind wir zurück nach Ancud gefahren. Die beiden haben dort noch eine weitere Nacht verbracht und ich musste zurück nach Puerto Montt.
Die Ecke hat mich ganz besonders berührt. Ich konnte dort abtauchen, hab irgendwas speziell gefühlt dabei. Absolut mein Ding 🙂